Die Motion Grossen verlangt klare Spielregeln für Bundesunternehmen im Wettbewerb mit Privaten. Sie zielt darauf ab, den Leistungsauftrag der Post auf ihre Grundversorgung zu konzentrieren und gleichzeitig faire Wettbewerbsbedingungen sicherzustellen. dpsuisse unterstützt diese Motion vollumfänglich – insbesondere mit Blick auf die zahlreichen Zusatzgeschäfte der Post, etwa als Drucksachenbrokerin oder im Bereich von digitalen Werbebildschirmen (AdScreens). Solche Aktivitäten sind ordnungspolitisch fragwürdig und schwächen die eigentliche Aufgabe der Post.
Kritiker warnen, dass eine Einschränkung von Zusatzgeschäften oder eine Verschärfung des Quersubventionierungsverbots das Unternehmen finanziell schwächen könnte. Argumentiert wird, dass ohne Synergien aus Bereichen wie Finanzdienstleistungen oder digitalen Angeboten die Post mittelfristig ihre Investitionskraft verliert. Besonders PostFinance, die in den letzten Jahren ein wichtiger Stützpfeiler der Konzernfinanzen war, gerät in den Fokus: bereits heute durch das Kredit- und Hypothekarverbot stark eingeschränkt, könnte sie bei zusätzlichen Regulierungen auf ein kaum profitables Zahlungsverkehrsgeschäft zurückgedrängt werden.
Auch Investitionen in Zukunftsfelder stehen zur Diskussion. Projekte wie E-Voting, das elektronische Patientendossier oder Softwarelösungen für KMU werden von Befürwortern als wichtige Vorleistungen gesehen, von denen Gesellschaft und Wirtschaft langfristig profitieren könnten. Doch es bleibt die Frage: Sind solche Aktivitäten wirklich Aufgabe der Post? „E-Voting, Patientendossier oder Buchhaltungssoftware gehören nicht zum Kernauftrag“, erklärt dpsuisse-Direktor Beat Kneubühler. „Für diese Märkte gibt es private Anbieter mit hoher Innovationskraft. Wenn die Post solche Projekte mitträgt, belastet sie ihre Bilanz ohne gesicherte Erträge – und gefährdet damit eher die Grundversorgung, anstatt sie zu stärken.“
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf PostFinance. „Das eigentliche Problem ist nicht die Motion Grossen, sondern das Geschäftsmodell von PostFinance selbst“, so Kneubühler. „Sie ist eine Bank ohne Banklizenz im klassischen Sinn. Der Staat hat keinen zwingenden Auftrag, eine Bank zu betreiben. Es ist widersprüchlich, die Grundversorgung von einer Finanzsparte abhängig zu machen, die weder frei konkurrenzfähig noch dauerhaft profitabel ist.“
Zudem sind Quersubventionen ordnungspolitisch problematisch, weil sie Wettbewerb verzerren und private Anbieter benachteiligen. „Wenn das Überleben der Post fast ausschliesslich vom Wohlergehen von PostFinance abhängt, dann haben wir ein strukturelles Problem“, sagt Kneubühler. „Die Grundversorgung darf nicht von einem Bankgeschäft abhängen. Ordnungspolitisch ehrlicher wäre es, die Grundversorgung direkt aus dem Kerngeschäft oder – falls nötig – über transparente staatliche Zuschüsse zu finanzieren.“
Die politische Diskussion dreht sich damit auch um die Grundsatzfrage, wie Gewinne und Verluste verteilt werden sollen. „Bei privaten Anbietern tragen die Eigentümer das Risiko; bei der Post am Ende die Steuerzahler“, erklärt Kneubühler. „Genau deshalb zielt die Motion Grossen darauf ab, Gewinne und Verluste sauber zu trennen und Marktverzerrungen zu verhindern.“
Die emotionale Gegenüberstellung von „privaten Gewinnen“ und „staatlichem Verlust“ verdeckt dabei den Kern der Diskussion. Gewinne im Wettbewerb sind ein Anreiz für Innovation und Effizienz – nicht per se ein Nachteil für die Bevölkerung. Entscheidend ist, dass für alle Akteure die gleichen Regeln gelten.
Die Debatte über die Zukunft der Post zeigt, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Klar ist jedoch: Die Grundversorgung muss langfristig finanziell gesichert werden – sei es über das Kerngeschäft oder über einen transparenten staatlichen Beitrag. Gleichzeitig muss die Rolle der Post in wettbewerblichen Märkten kritisch überprüft werden, um ein faires Spielfeld für alle Akteure sicherzustellen.
Beat Kneubühler, Direktor dpsuisse